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Buchtipp: Enkel für Anfänger

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Quelle: Diogenes Verlag

Gerade greife ich in mein kleines Bücherregal, hier stehen Werke, die ich sehr schätze und immer wieder mal zur Hand nehme. Reinhart Lempp ‚Enkel für Anfänger’ nehme ich heraus. Ein kleines, schmales Büchlein von 1989 – eine schöne kurze Unterbrechung meiner Arbeit. Ich blättere und lese darin, Folgende Stelle möchte ich unseren Nutzern gerne empfehlen und zitieren:

„Natürlich haben die Enkel heutzutage viel zu viele Spielsachen, geschenkt von Eltern, Paten, Freunden, Besuchen, Nachbarn und auch von den Großeltern, aber sie werden damit fertig werden, ebenso wie sie mit dem Straßenverkehr, dem Lärm, dem Fernsehen und der Weltraumfahrt fertig werden. Am wenigsten vielleicht mit dem Fernsehen, aber da geht es ihnen nicht anders als den Erwachsenen, die auch nicht damit fertig werden. Mitgehangen, mitgefangen. (Anmerkung der Redaktion: Heute würde man den Text um das Handy und die Spielekonsole ergänzen)
Den Eltern ist die Erziehung noch wichtig, und das ist ja gut so. Deshalb zögern sie manchmal, die Enkelkinder den Großeltern zu überlassen, weil sie partout nicht möchten, dass ihre Kinder so behandelt und erzogen werden, wie sie selbst als Kinder von den jetzigen Großeltern erzogen wurden. Letztlich wird die Erziehung aber doch wieder sehr ähnlich. Auch sorgen äußere Zwänge, Krankheiten, Ausfall der Tagesmutter, berufliche Verpflichtungen oder auch der verständliche Wunsch, wenigstens wieder einmal ein Wochenende ohne Kind etwas zu unternehmen, dafür, dass die Großeltern die Enkel hüten dürfen.

… Sie (Anm: Die Großeltern) erleben das Heranwachsen des Kindes, das Sprechen­ und Laufenlernen, die Erweiterung seines Gesichts-, Denk-, Erlebnis- und Handlungskreises mit, als ob sie so etwas bei ihren eigenen Kindern noch gar nie erlebt hätten. Und tatsächlich ist es offenbar so, dass man die Entwicklung, die körperliche und geistige, seiner eigenen Kinder als Eltern gar nicht so in ihrer Fülle und ihrem Wunder erfassen kann, wie es die Großeltern tun. Vielleicht ist man zu dicht darauf, macht sich zu viel Sorgen und wird gedrängt von dem unerbittlichen Ablauf des Alltags. Großeltern haben – wenn sie dürfen und nicht zu lange müssen – den nötigen Abstand und können sich dazwischen auch wieder erholen.

Man sagt deshalb: Großeltern freuen sich über den Besuch des Enkelkindes zweimal. Einmal, wenn es kommt, und ein zweites Mal, wenn es wieder geht.

Großeltern sind aber mehr als nur Hilfstagespflegestellen, so wichtig diese Funktion auch ist und eine solche Absicherung für den Notfall zur Verfügung steht. Großeltern sind darüber hinaus und das entsteht aus seelischen Hilfsfunktionen ein wichtiger Teil des Netzes von Bezugspersonen, mit denen das kleine Kind aufwächst. Diese Funktion wird immer wichtiger, seit die Familien immer weniger Kinder haben – nur 1,5 im Durchschnitt-, seit es weniger Onkel und Tanten gibt und weniger »Verwandtschaften«. Dass da neben den Eltern noch andere Erwachsene sind, die das Kind gut kennt, zu denen es gerne geht und bei denen es – wenigstens für eine gewisse, allmählich zunehmende Zeit – auch ohne Mutter und Vater bleiben kann, das ist ungeheuer wichtig.“

Auszug aus Reinhart Lempp ‚Enkel für Anfänger‘ mit Zeichnungen von Loriot
Diogenes Verlag 1989, 2007 – 10€

Erhältlich bei Amazon unter https://shorturl.at/E110i

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