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Hauterkrankungen erkennen: Ein Praxisleitfaden für Großeltern

Hauterkrankungen erkennen: Ein Praxisleitfaden für Großeltern

Die Haut ist mit zwei Quadratmetern Fläche unser größtes Organ – Sinnesbarriere, Temperaturregler und Schutzschild zugleich. Gerade im höheren Lebensalter verändert sie sich: Sie wird dünner, trockener, reagiert empfindlicher auf Umwelteinflüsse. Deshalb treten chronische Dermatosen wie Rosazea, Neurodermitis oder Schuppenflechte in dieser Lebensphase häufig besonders deutlich zutage.

Wer typische Symptome früh erkennt, kann rechtzeitig gegensteuern, Beschwerden lindern und Folgeerkrankungen vermeiden.

Woran man Hautprobleme früh erkennt

Hautkrankheiten lassen sich oft schon an ihrem ersten Anblick unterscheiden. Dermatolog*innen sprechen von „Effloreszenzen“ – sichtbaren Grundelementen wie

  • Rötungen (Erytheme): anhaltende oder anfallsartige Flächen, gelegentlich mit Hitzegefühl.
  • Quaddeln: flache, weich abgrenzbare Schwellungen – typisch bei Allergien oder Nesselsucht.
  • Papeln und Plaques: tastbare Erhebungen – über 1 cm spricht man von Plaques, häufig schuppig.
  • Bläschen und Pusteln: Hohlräume mit klarer Flüssigkeit bzw. Eiter – Zeichen einer Entzündung.
  • Schuppung, Krusten, Risse: deuten meist auf chronische Prozesse oder sehr trockene Haut hin.

Begleitsymptome wie starker Juckreiz, Brennen oder punktuelle Schmerzen verstärken den Leidensdruck.

Wichtig: Kratzen verschlimmert nahezu jede Dermatitis – notfalls hilft es, die Nägel sehr kurz zu halten oder nachts Baumwollhandschuhe zu tragen.

 

Typische Auslöser im Überblick

  • Immunreaktionen: Bei Rosazea, Schuppenflechte oder vielen Ekzemformen gerät das Abwehrsystem außer Balance und greift körpereigene Strukturen an.
  • Allergien und Kontaktreizungen: Duftstoffe, Metalle, Wollfasern oder Reinigungsmittel setzen sensible Haut unter Stress.
  • Infektionen: Pilze, Bakterien und Viren gedeihen besonders gut in feuchtwarmen Hautfalten oder an schlecht belüfteten Füßen.
  • Physikalische Faktoren: UV-Strahlung, Druckstellen durch Gehhilfen, ständige Reibung der Kleidung.
  • Lebensstil & Psyche: Stress, Schlafdefizit, Alkohol und stark gewürzte Speisen verschlechtern viele chronische Dermatosen.

Mit einem “Hauttagebuch” – Datum, Ernährung, Belastungen, Pflegeprodukte und Wetter – lassen sich individuelle Trigger oft binnen weniger Wochen entlarven.

 

Rosazea – wenn das Gesicht errötet

Rosazea beginnt oft harmlos: erst sporadische Rötungen, dann erweiterte Äderchen, später entzündliche Knötchen oder Pusteln. Männer entwickeln im Spätstadium gelegentlich eine knotige Verdickung an der Nase (Rhinophym).

Erkennungsmerkmale

  • Flushs nach heißer Suppe, Sauna, Alkohol oder emotionaler Anspannung.
  • Sichtbare Gefäßerweiterungen auf Wangen und Nase.
  • Keine Mitesser – anders als bei Akne.

Selbsthilfe

  • Scharfe Gewürze, Hochprozentiges und sehr heiße Getränke möglichst meiden.
  • Nur lauwarm waschen, pH‑neutrale, parfumfreie Reinigungsgele und leichte Feuchtigkeitsfluids verwenden.
  • Ganzjährig Sonnenschutz (SPF 30+).

Eine milde Reinigung, gefolgt von entzündungshemmenden Cremes (Metronidazol, Azelainsäure) oder in ausgeprägten Fällen niedrigen Doxycyclin‑Dosen, beruhigt die Gesichtshaut. Ergänzend dürfen Betroffene zu dekorativer Kosmetik greifen, sofern Produkte alkoholfrei und für sensible Haut getestet sind.

 

Neurodermitis – trockene Ekzeme mit Juckspirale

Etwa 3 % der Erwachsenen leiden an atopischer Dermatitis. Die Hautbarriere verliert Fett und Feuchtigkeit, wird rissig, entzündet sich und juckt stark.

Erkennungsmerkmale

  • Trockene, gerötete Beugeregionen (Ellbeugen, Kniekehlen, Hand‑ und Halsseiten).
  • Kratzspuren, nächtliches Aufwachen durch Juckreiz.
  • Häufig Allergien gegen Pollen, Hausstaubmilben oder Nahrungsmittel.

Selbsthilfe

  • Täglich rückfettende Öl- oder Cremebäder; im Sommer leichtere, Harnstoff‑haltige Lotions wählen.
  • Baumwoll- statt Wolltextilien, Etiketten entfernen.
  • Stressbewältigung: Yoga, Atemübungen, progressive Muskelentspannung.

Beim akuten Schub verordnet der Dermatologe kortisonhaltige Externa oder neuere Calcineurin‑Hemmer. Chronische Plaques sprechen auf UVB-Licht oder moderne Biologika an. Ein konsequentes Pflegeritual zwischen den Schüben ist entscheidend, um das Rückfallrisiko zu senken.

 

Schuppenflechte (Psoriasis) – Autoimmunreaktion mit Schuppen

Rund zwei Prozent der Bevölkerung entwickeln die charakteristischen silbrig‑weißen Plaques auf geröteter Basis, meist an Ellenbogen, Knien, Kopfhaut oder Kreuzbein. Die Hautzellen teilen sich dabei siebenmal schneller als normal.

Erkennungsmerkmale

  • Trocken haftende Schuppen, darunter punktförmige Blutungen (“Auspitz‑Phänomen”) beim Abkratzen.
  • Häufig familiäre Häufung.
  • Gelenkbeschwerden (Psoriasis‑Arthritis) in bis zu 30 % der Fälle.

Selbsthilfe

  • Lauwarme Kurzbäder, anschließend fettreiche Salben oder Shampoos mit Salicylsäure/Teer zur Schuppenlösung.
  • Klimawechsel: gemäßigte Sonne, Meersalz und kurzes Baden im Toten Meer zeigen häufig Besserung.
  • Auslöser wie Infekte, Nikotin und schwerer Stress konsequent minimieren.

Systemische Therapien reichen von Fumarsäure-Estern über Methotrexat bis hin zu Biologika, die gezielt entzündliche Botenstoffe blockieren. Frühzeitige Diagnose verhindert bleibende Gelenkschäden und senkt das Herz‑Kreislauf‑Risiko, das bei Psoriatikern erhöht ist.

 

Pilzerkrankungen – wenn es zwischen den Zehen juckt

Pilze lieben warme, feuchte Milieus. Fußpilz (Tinea pedis) und Nagelpilz (Onychomykose) sind bei Senior*innen verbreitet, weil Durchblutung und Immunabwehr abnehmen und Füße in festen Schuhen schwitzen.

Erkennungsmerkmale

  • Schuppende, aufgeweichte Haut in den Zehenzwischenräumen.
  • Verdickte, gelblich‑braune Nägel, die sich vom Nagelbett lösen können.

Selbsthilfe

  • Füße nach dem Duschen penibel abtrocknen – auch zwischen den Zehen.
  • Baumwollsocken täglich wechseln, Lederschuhe lüften, Badeschlappen in Schwimmbädern verwenden.
  • Frühzeitig Antimykotikum (z. B. Terbinafin‑Creme) zwei Wochen über das Abklingen hinaus auftragen.

Hartnäckige Nagelpilze erfordern oft Tablettenbehandlung, begleitet von regelmäßiger Nagelpflege und Schuhdesinfektion.

 

Warnzeichen für Hautkrebs

Chronische Entzündungen erhöhen die Wachsamkeit, dürfen aber nicht dazu führen, dass neue oder veränderte Läsionen übersehen werden. Die ABCDE‑Regel hilft, verdächtige Pigmentmale zu erkennen: Asymmetrie, Begrenzung unscharf, Color Varianz, Durchmesser > 5 mm, Erhabenheit oder Evolution. Jede nicht abheilende Kruste, anhaltende Rötung oder schnell wachsende Knoten gehört zeitnah in dermatologische Abklärung – idealerweise einmal jährlich als Ganzkörper‑Check.

 

Online-Hautcheck

Hausärztinnen und Dermatologinnen bleiben erste Adresse. Ist die Praxis überlaufen oder liegt eine schwer zugängliche Körperstelle vor, kann Teledermatologie helfen: Zwei scharfe Fotos und ein kurzer Fragebogen reichen vielfach für eine fundierte Ersteinschätzung.

Wichtig ist anschließend die konsequente Umsetzung der Therapie und – falls nötig – die persönliche Kontrolle, besonders bei ansteckenden oder sich rasch verändernden Befunden.

 

Pflege-Basics für robuste Haut im Alter

  • Sanft reinigen: Seifenfreie Waschlotionen, Duschöle oder Syndets bewahren den Säureschutzmantel.
  • Rückfettung sofort nach dem Bad: Innerhalb von drei Minuten auf leicht feuchter Haut auftragen, damit Feuchtigkeit eingeschlossen wird.
  • Raumklima anpassen: 40–60 % Luftfeuchte, keine Dauerheizungsluft. Ein kleiner Zimmerbrunnen oder feuchte Handtücher über der Heizung tun gute Dienste.
  • Mikroverletzungen meiden: Locker sitzende Baumwoll- oder Leinenkleidung verhindert Reibung; weiche Handschuhe schützen dünne Alters­haut bei Gartenarbeit.
  • Medikationscheck: Blutdrucksenker, Diuretika oder Statine können photosensible Reaktionen auslösen; ggf. mit dem Arzt besprechen.

Regelmäßige Selbstinspektion, eine auf die individuelle Diagnose abgestimmte Pflegeroutine und frühzeitige ärztliche Rücksprache bilden das Trio, das Hauterkrankungen auch jenseits der 60 beherrschbar macht und die Lebensqualität langfristig erhält.

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