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Wo ist es hin, dieses Gefühl von Weihnachten?

Weihnachten - Gedanken von grosseltern.de

Ja, das frage ich mich tatsächlich. In der Werbung Abend für Abend wird uns suggeriert, dass Weihnachten das Fest der Liebe, der Familie ist. Wir sehen die leuchtenden Kinderaugen, die fröhliche Aldi Familie, die liebevollen und hilfsbereiten Weihnachtsmänner von CocaCola – so sollte es eigentlich sein. Leider empfinde ich die Realität jedes Jahr ganz anders.

Dieses Jahr fehlt mir der Zauber der Weihnacht ganz besonders – ein friedliches Fest sollte es sein – stattdessen Krieg und Krisen auf der Welt und auch in unserem Land. Den Glühwein am Weihnachtsmarkt trinke ich so, dass ich mit dem Rücken zur Bude stehe und beobachten kann, ob irgendeine Bedrohung im Anmarsch ist. Komisch, dass der Besuch des Weihnachtsmarktes nicht mehr mit dem Gefühl der Sicherheit kombinierbar ist.

Was läuft falsch, frage ich mich und warum habe ich den Eindruck, dass früher doch alles besser war. Früher bekam man als Kind wenig Materielles, dafür hatte man viel Ehrfurcht für den Zauber der Weihnacht. War ja auch klar, die Türe zum Wohnzimmer war zwei Tage vor Heiligabend verschlossen und selbst das Türschloss wurde zugeklebt, damit man nicht einen Blick auf den Weihnachtsbaum erhaschen konnte. Erst als am Heiligen Abend das Glöcklein erklang, durfte man eintreten und staunen. Und das haben wir auch: Wir standen mit großen Augen vor dem leuchtenden und mit Lametta geschmückten Weihnachtsbaum. Im Radio lief Weihnachtsmusik, selber singen klappte nicht so gut. Die Würstchen und der Kartoffelsalat standen auf dem Tisch und nach dem Essen war Bescherung. SOS-Geschenke für meinen Vater – Schlips, Oberhemd, Socken natürlich selbst gestrickt. Für mich gab es Süßigkeiten, einen ebenfalls selbstgestrickten Pullover, der Anfang 1970 sehr bunt ausgefallen ist (war modern).

Und heute? Das Gefühl von Weihnachten wurde entführt und entzaubert. Entführt von Firmen wie Amazon und CocaCola, die viel Geld für Weihnachtswerbung ausgeben, entzaubert von den großen Einkaufstempeln – den Shopping-Centers – auch von den Supermärkten und Discountern.

Bereits ab September findet dort Weihnachten statt, mir raubt dies die Vorfreude auf das Fest. Klar setzt man auf dieses Weihnachtsgefühl, um uns den Einkauf so angenehm wie möglich zu machen, aber ich finde es entwertet den Weihnachtsgedanken. Ok, die Weihnachtswerbung von Amazon und CocaCola ist 2023 echt klasse, sehens- und überlegenswert. Es geht um Freundschaft und Hilfsbereitschaft, darum den anderen wahr zu nehmen und Empathie zu empfinden.

Die Werbung dieser beiden Unternehmen hält uns den Spiegel vor.

Eigentlich könnte es ja so einfach sein. Eigentlich. Ich persönlich wünsche mir das. Ich wünsche mir Frieden, Respekt und Verständnis für die ganze Welt. Ich wünsche mir, dass die kleinen Gesten, die Geschenke, die kein Geld kosten – ein Lächeln, eine Umarmung, eine Freundlichkeit wieder mehr Beachtung finden.

Eines meiner schönsten Weihnachtsfeste fand vor vielen, vielen Jahren in Österreich in einer Skihütte in Mayrhofen statt. Am Heiligen Abend sind wir nach dem Essen draußen gegangen und haben uns in den Schnee gelegt und einfach nur in den überragenden Sternenhimmel gesehen. Von unten aus dem Ort hörte man die Weihnachtsmusik. Diesen Abend habe ich bis heute in Erinnerung, denn das größte Geschenk für mich war der Sternenhimmel.

Ich wünsche Ihnen ein Weihnachtsfest voller Glück, Freude und Überraschung.

Frohe Weihnachten
Andreas Reidl (Gründer von grosseltern.de)

 

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