Als Patenoma in Berlin: "Ich kann helfen und werde gebraucht"
Die Enkel wohnen weit weg oder man hat leider keine – die Welt mit Kinderaugen entdecken geht trotzdem! In der Hauptstadt machen es die Berliner Familienfreunde vor. Im Stadtteil Lichtenberg haben sie ein Patengroßelternprojekt geschaffen. Patenoma Evi beschreibt exklusiv für grosseltern.de, warum sie das tut.
„Ich bin Evelyn Bärow, 61 Jahre alt und zurzeit noch in der passiven Phase der Altersteilzeit. Ich habe zwei erwachsene Söhne, war nach meiner Scheidung alleinerziehend und immer berufstätig. Als das Ende meines Berufslebens immer näher rückte, war mir klar: Ich möchte auf keinen Fall nur zuhause sein, sondern noch etwas Sinnvolles anfangen. Vom Patengroßelternprojekt des ‚Berliner Familienfreunde e.V. ‚ habe ich aus der Zeitung erfahren und mich sofort dafür begeistert. Schon während meines Vorstellungsgespräches war mir klar: Das ist genau das Richtige für mich, da will ich mitmachen.
Was gibt es Schöneres, als gegenseitiges Geben und Nehmen? Ich habe jetzt die notwendige Zeit und außerdem wahnsinnige Freude daran, mich hier zu engagieren und mich einzubringen. Da spielt sicher auch meine eigene Lebenserfahrung eine entscheidende Rolle. Ich selbst habe meine Mutter sehr früh verloren und hatte keine Unterstützung durch eine Oma, als meine Kinder dann da waren. Das habe ich sehr vermisst und es tat mir auch für meine Kinder sehr leid. Ich weiß also genau, wie schwer es manchmal ist, den Beruf, die Kinder und den Haushalt unter einen Hut zu bekommen, besonders, wenn man dann auch noch alleinerziehend ist. Da ist man froh, wenn Hilfe angeboten wird. Außerdem sind Großeltern für Kinder einfach wichtige Bezugspersonen.
„Montagnachmittag ist Oma Evi-Tag“
Ich habe vier eigene Enkelkinder, die aber leider nicht in Berlin wohnen, deshalb kann ich als Oma in meiner Familie nicht so aktiv sein, wie ich das gerne möchte und genauso geht es ganz vielen Familien. Und es gibt viele ältere Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nicht Großeltern sein können oder dürfen. Da sind Projekte wie die ‚Berliner Familienfreunde‘ ein Gewinn für beide Seiten: Die Familien werden entlastet, die Kinder und die Patengroßeltern haben Freude miteinander und sehr oft ergeben sich auch freundschaftliche Beziehungen zwischen den Erwachsenen.
Ich bin seit gut einem Jahr Patenoma und genieße jede Woche die Stunden mit meinem Patenenkelkind. Montagnachmittag ist Oma Evi-Tag: Blumen pflücken, die Schnecke beobachten, durch Pfützen hopsen und Bus fahren gehören zum Programm. Es macht so viel Freude die Welt mit Kinderaugen zu entdecken und daran teilzuhaben. Die jungen Eltern nutzen den Freiraum für sich oder für anstehende Verpflichtungen.
„Und manchmal darf ich die Oma für alle Kinder sein“
Zusätzlich engagiere ich mich an zwei Nachmittagen in der Woche in unserem Familientreff im Familiencafé, da darf ich dann die Oma für alle Kinder sein – ein wunderbares Gefühl. Ich bin Mitspieler, Mitbastler, Vorleser, Plätzchenbäcker… und Tröster für die kleinen Gäste. Nebenbei zaubere ich den Latte Macciato und schenke den jungen Eltern ein Ohr für die kleinen Alltagssorgen. Die beste Belohnung für mich ist die Freude der Kinder, wenn ich da bin oder wenn sie mich vor lauter Freude drücken. Das ist für mich eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, die mir sehr viel mehr gibt, außer den gemeinsam verbrachten Stunden. Ich kann helfen und werde gebraucht – das ist ein tolles Gefühl – und dabei habe ich noch jede Menge Spaß, besser geht es doch gar nicht.
Unser Paten-Team trifft sich einmal im Monat im Familientreff zum Teamfrühstück. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus, berichten von unseren Erlebnissen und haben einen verlässlichen Ansprechpartner. Viele ehrenamtliche Projekte haben solch einen Rahmen aber gar nicht. Ich finde es wichtig, dass ich willkommen bin und bei meinem Engagement nicht allein gelassen werde. Von offiziellen Stellen bzw. von der Kommune wünsche ich unserem Projekt eine verlässliche Unterstützung, die den notwendigen finanziellen Rahmen für das Engagement langfristig sichert. Bürgerschaftliches Engagement ist ein nicht zu unterschätzendes Potenzial für ein soziales, lebendiges und buntes Miteinander in unserer Gesellschaft. Die Verantwortlichen sollten sich dieser Tatsache bewusst sein und ehrenamtliches Engagement nicht als Selbstverständlichkeit im Selbstlauf hinnehmen.“
Sie möchten sich in diesem Nachbarschaftsprojekt engagieren?
Wenden Sie sich an Birgit Plank, Projektleitung, Berliner Familienfreunde e.V., Dolgenseestr. 21, 10319 Berlin, Telefon: 030 85714656, E-Mail: » info@berliner-familienfreunde.de
Grundsätzlich gilt: Das Team freut sich über engagierten Nachwuchs – die Warteliste der Familien sei „einfach groß“.
Die ehrenamtlich bei den ‚Berliner Familienfreunden e.V.‘ agierenden Patengroßeltern unterstützen meist alleinerziehende Eltern mit Kindern im Alter ab einem Jahr. Der Vermittlungsschwerpunkt liegt in Berlin-Lichtenberg und angrenzenden Stadtteilen.
Der Verein will bewusst eine Lücke schließen und nachbarschaftliche Netze in einem Stadtteil knüpfen.
Vor dem Start werden die Patengroßeltern vorbereitet: Mit Seminaren zur ‚Erste-Hilfe-am-Kind‘ und zur Aufsichtspflicht. Regelmäßige Teamtreffen bieten Austausch mit anderen Ehrenamtlichen.
Sie möchten sich in diesem Nachbarschaftsprojekt engagieren?
Wenden Sie sich an
Birgit Plank, Projektleitung,
Berliner Familienfreunde e.V.,
Dolgenseestr. 21, 10319 Berlin,
Telefon: 030 85714656,
E-Mail: info@berliner-familienfreunde.de
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