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Enkeln erzählen als starkes Band zwischen den Generationen

Erzähl doch mal! Sicher kennen Sie diese klassische Aufforderung. Großeltern können sich ihr nochmal neu stellen – denn wer Enkeln erzählt, gibt ihnen einen unendlichen Schatz weiter – egal ob es Märchen sind oder Geschichten. Von dort ist es nur ein kleiner Schritt, aus dem eigenen Leben zu erzählen. Unsere Gastautorin Agnes Doering hält die Erzählkunst für so wichtig, dass sie daraus ihren Job gemacht hat. „Erzählen hinterlässt Spuren, die noch lange nachwirken“, sagt sie.

Agnes Doering

„Mama, als du klein warst, gab es da eigentlich noch Ritter?“ fragte mich mein kleiner Sohn. Das ist lange her. Inzwischen bin ich Oma und musste kürzlich wieder an diese Frage denken. Wenn ich für meinen Sohn schon in der Ritterzeit jung gewesen bin, in welche Zeit wird meine Enkelin mich dann erst verfrachten? Da gibt es eine Menge zu erzählen.

Woher kommt der Wunsch, seine Lebensgeschichte zu erzählen? Eine Antwort steckt bereits in dem Wort selbst. Leben besteht aus Geschichten. Der vorzeigbare Lebenslauf mit den perfekten Daten ist eine Hochglanzfolie, hinter der sich vieles verstecken kann. Umgekehrt verbergen sich hinter vermeintlich glanzlosen Daten aufregende Geschichten. Erzählen geht mitten hinein ins Leben, in die Grautöne, die Schattierungen, die spezifischen Farben des Lebens.

Alles, was aus dem Rahmen fällt, schafft Erzählpotential

Erzählen beginnt im Alltag. Wer in einem ständigen Erzählfluss ist, ist in Kontakt mit sich selbst und anderen. Was erzähle ich wem wann und warum? Wenn alles glatt läuft, gibt es nichts zu sagen. Alles, was aus dem Rahmen fällt, vom verspäteten Zug am Morgen, der bissigen Bemerkung einer Freundin, einem überraschenden Besuch schafft Erzählpotential ohne Ende.

Die Motivation, die Geschichten seines Lebens festzuhalten, hat da seine Wurzel. Wir drücken aus, was uns bewegt, wer wir sind, was wir erleben und geben es gleichzeitig an andere weiter. Die individuelle Biographie erzählt etwas über Orte, Zeiten, Geschehnisse, Begegnungen. Sie ist nicht isoliert, sondern offenbart die vielfältigen Verbindungen, die in einem Menschenleben stecken.

Erzähl doch mal! Das ist ein klassische Aufforderung, der sich Großeltern neu stellen können. Wer Märchen und Geschichten vorliest, gibt seinen Enkeln einen unendlichen Schatz mit. Von dort ist es nur ein kleiner Schritt, aus dem eigenen Leben zu erzählen. Erzählen ist das Band zwischen den Generationen, ein Stück des großen Netzes, das wir Leben nennen. Jeder Mensch ist darin ein winziger, aber einmaliger Faden. Erzählen hinterlässt Spuren, die noch lange nachwirken.“

Agnes Doering schöpft als Biographin und Autorin aus ihren persönlichen und beruflichen Erfahrungen. Nach ihrem Studium der Fächer Germanistik und Ev. Theologie war sie viele Jahre als Leiterin von Schreibwerkstätten und Literaturkreisen tätig. Noch heute stellt sie regelmäßig literarische Neuerscheinungen vor. Nachdem ihre drei Kinder flügge wurden, entwickelte sie ein Angebot rund um das „erzählte Leben“. Seit sie Großmutter ist, merkt sie: „Authentisches Erzählen wird in einer sich ständig wandelnden Welt immer wichtiger. Es verbindet die Generationen.“ Deshalb steht sie auch als Beraterin für Großeltern, die von ihrem Leben erzählen möchten, gern zur Verfügung.

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Für Sie recherchiert:

„Authentisches Erzählen wird in einer sich ständig wandelnden Welt immer wichtiger. Es verbindet die Generationen.“

Das „erzählte Leben“ ist ihr Beruf: Agnes Doering hilft Menschen, ihre Lebens­geschichten aufzuschreiben.

Dabei geht sie gern auf biographische Spurensuche, sie schreibt zudem Kinderbücher und hält Vorträge zu Sinn und Methoden autobiographischen Schreibens.

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