Kann Oma Enkel adoptieren? Wenn nur noch die Großeltern da sind
Der Tod der Eltern stellt einen Extremfall dar – für Kinder gleichermaßen wie für die Großeltern und auch als Situation im Allgemeinen. Keiner Familie ist ein derartiges Unglück zu wünschen. Dennoch kommt es hin und wieder vor, gehäuft in erster Linie als Folge von Verkehrsunfällen. Die größte Frage, die sich für Großeltern stellt, lautet: Was passiert jetzt mit den Kleinen? Und: Wo kommen sie hin? Wer kümmert sich um sie? Kann Oma Enkel adoptieren? Und falls ja, wie gehen wir das an?
Im Folgenden wollen wir versuchen, diese Fragen zu beantworten und einige Ratschläge für eine mögliche Adoption durch Großeltern zu geben.
Von Sorgerecht und Adoption
Das Sorgerecht
Der Regelfall bezüglich des Sorgerechts ist immer noch folgender: Beide Erzieher teilen sich untereinander das Sorgerecht der elterlichen Gewalt auf. Die Rechtsgrundlagen für dieses elterliche Sorgerecht der in Ehegemeinschaft lebenden Elternteile sind der Artikel 6 Absatz 2 erster Satz des Grundgesetzes sowie der § 1626 Absatz 1 BGB, des Bürgerlichen Gesetzbuches. Selbst eine Zerstrittenheit der Eltern muss allerdings nicht die Aufhebung der gemeinsamen Sorge bedeuten. Sonderfälle dagegen sind jene, bei denen die Ausübung der elterlichen Sorge entsprechend dem Kindeswohl durch die Eltern nicht länger gewährt ist. Oft stellt sich in diesen Fällen die Frage, ob das Sorgerecht dann nicht einfach auf andere Familienmitglieder, wie beispielsweise die Großeltern, übertragen werden kann.
Erkranken beide Elternteile oder machen sie einen längeren Urlaub, können sie den Großeltern eine Sorgerechtsvollmacht ausstellen. Diese allerdings stellt noch keine Übertragung des elterlichen Sorgerechts dar. Versterben die beiden Elternteile allerdings und haben sie vor ihrem Tod eine Sorgerechtsverfügung für den Todesfall erstellt, sieht das Ganze schon anders aus. Zwar werden das Jugendamt und das Familiengericht die Geeignetheit der als Vormund vorgeschlagenen Personen erst prüfen müssen, dennoch ist die Chance groß, dass die Großeltern, insofern sie physisch und psychisch vollkommen in der Lage dazu sind, sich um die Kinder zu kümmern und insofern sie ein gutes Verhältnis pflegen, das vollkommene Sorgerecht für die Kleinen bekommen. Ist es Eltern und/ oder Großeltern wichtig, dass die Verhältnisse für Extremfälle geklärt sind, sollten sie sich so früh als möglich zusammensetzen und eine für alle passende Lösung besprechen. In gegebenem Falle kann dann die Sorgerechtsverfügung durch die Eltern aufgesetzt werden. Übrigens ist es immer zu empfehlen, die Kinder ins Gespräch miteinzubeziehen. Schließlich geht es um ihre eventuelle Zukunft.
Die Adoption
Versterben die Eltern zu einem Zeitpunkt, an dem die Kinder noch minderjährig sind, besteht die Möglichkeit für die Großeltern, die Kinder zu adoptieren. Leben die Eltern dagegen noch, werden die Kinder aber dennoch von den Großeltern versorgt und erzogen, handelt es sich um eine Pflegschaft oder um eine vollständige Übertragung des Sorgerechts.
Im Grunde unterscheidet sich die Adoption der Kinder durch die Großeltern nicht von einer „normalen“ Adoption. Liegen also die rechtlichen Voraussetzungen vor, besteht die Möglichkeit, die Enkel zu adoptieren. Für die Adoption ist ein gerichtliches Verfahren notwendig. Nur, wenn die Adoption:
dem Wohl des Kindes dient und
die begründete Erwartung besteht, dass zwischen Annehmenden (Adoptiveltern) und Kind ein echtes Eltern-Kind-Verhältnis entsteht,
ist sie möglich und wird gerichtlich entschieden.
Was die beiden Punkte angeht, werden gerade bei einer Adoption der Kinder durch die Großeltern strenge Anforderungen gestellt. Schließlich sind die Großeltern bei einem Erfolg des Adoptionsantrags nicht mehr die Großeltern, sondern eben die Eltern der Kinder mit entsprechenden gesetzlichen Pflichten und Rechten.
Im Übrigen ist eine Adoption der Kinder durch Oma und Opa auch schon möglich, wenn die Eltern noch am Leben sind. Selbstverständlich sind die gesetzlichen Vorgaben in diesem Fall aber noch viel strenger, weshalb er wiederum einen Sonderfall unter den Sonderfällen darstellt und so gut wie nie auftritt.
Entscheidungen im Sinne der Eltern treffen?
Egal, ob die Enkel adoptiert wurden oder einfach von den Großeltern versorgt werden – Wenn die Eltern nicht mehr da sind, verändert sich einiges. Die meisten Großeltern haben die Erziehung der Kinder durch die Eltern mitbekommen und wissen einigermaßen, welche Werte, Freiheiten, Pflichten und Prinzipien ihnen wichtig waren. Natürlich stimmen die Großeltern mit diesen Dingen aber nicht immer völlig überein. Eine der wichtigsten Fragen lautet hier also: Muss jede Entscheidung, die die Kinder betrifft, im Sinne der verstorbenen Eltern getroffen werden?
Es gibt auf diese Frage keine eindeutige Antwort. Schließlich leben die Eltern nicht mehr und können sich daher auch nicht beschweren. Das bedeutet, dass es sich eher um eine individuelle, ethische Frage handelt. Großeltern müssen sie immer gemeinsam und für sich entscheiden. Bedacht werden sollte dabei, dass es für Kinder gesund sein kann, unter ähnlichen Bedingungen erzogen zu werden, wie bisher. In manchen Fällen mag die Erziehung aus Sicht der Großeltern aber auch zu hart oder gar zu locker gewesen sein. Kleine Anpassungen oder Änderungen können also durchaus zur gesunden Entwicklung der Enkel beitragen.
Wichtig ist, dass sich um grundsätzlich wichtige Dinge genau gekümmert wird: Die Kinder sollten, sofern finanziell möglich, weiterhin die Chance haben, die Ausbildung zu erhalten, die für sie vorgesehen war. Hatten die Eltern hier etwas Bestimmtes im Blick? Möchten die Kinder z.B. eine ganz bestimmte weiterführende Schule besuchen? Für solche Dinge lohnt es sich, sich mit den Enkeln zusammenzusetzen und zu reden. Oft werden dann viele Dinge von selbst klar. Auch die Versicherungslage für die Kinder ist nach dem Tod der Eltern nicht immer eindeutig, bzw. viele Großeltern wissen gar nicht, um was sich dabei nun zu kümmern ist. Auch dieses Thema bedarf also einer genauen Untersuchung – eine Beschäftigung, die zwar zugegebenermaßen nicht immer unbedingt Spaß macht, letztlich aber ziemlich wichtig ist. Schließlich sollen Kinder bei Krankheit die richtige medizinische Versorgung bekommen. Und es ist im Sinne der Großeltern, dass etwa im Falle eines Unfalls in der Schule, bei dem ein Enkel beispielsweise das Handy eines Mitschülers kaputt macht, eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen ist.
Mit den Enkeln sprechen
Die Unterschiede zu den Eltern
Wo wir schon erwähnt haben, wie wichtig es ist, sich als Großeltern, die plötzlich das Sorgerecht für die Kinder haben, mit diesen zusammenzusetzen und mit ihnen zu reden: Ganz entscheidend ist auch, ihnen bewusst zu machen, dass Oma und Opa nicht Mama und Papa sind. Dass sie jetzt aber auch nicht mehr nur Oma und Opa sind, sondern die Rolle der Eltern in gewisser Weise mit übernehmen müssen. Kindern sollte klar sein, dass ihr Alltag ab jetzt ein anderer, ungewohnter sein wird. Denn nicht alles, was Mama und Papa gedacht, gesagt und getan haben, gleicht den Dingen, die Oma und Opa denken, sagen und tun. Wichtig ist, dass auch Kinder wissen, dass sie immer mit den Großeltern sprechen und Unklarheiten durch Kommunikation beseitigen können. Passt ihnen etwas nicht, muss darüber gesprochen werden. Sind die Eltern eine bestimmte Sache ganz anders angegangen und verwirrt das Verhalten der Großeltern, kann auch das im Gespräch geklärt werden. Nur, was angesprochen wird, kann sich verbessern.
Allerdings sollten sich Großeltern auch nicht davor scheuen, Dinge zu entscheiden, die den Enkeln nicht unbedingt passen mögen. Als die Eltern noch am Leben waren, war die Zeit bei Oma und Opa vielleicht eher die Zeit der lockeren Entspannung und der größeren Freiheit. Sobald es aber daran geht, mehr Verantwortung zu übernehmen, müssen mitunter auch strengere Regeln her, um etwa die Sicherheit der Kleinen zu gewährleisten. Dass deshalb nicht alles, was Oma und Opa zu diesem Zweck entscheiden, schön für die Enkel sein mag, lässt sich nicht ändern. Die Beziehung kann nun einmal nicht genau die gleiche bleiben, wie sie es vielleicht zuvor war.
„Wo sind denn Mama und Papa?“
Kinder, die nach dem Tod der Eltern bei ihren Großeltern aufwachsen, hören nicht selten diese Frage von befreundeten Kindern oder Eltern dieser Kinder: „Wo sind denn eigentlich Deine Eltern?“
Gespräche, die Kinder auf derlei Fragen vorbereiten, sind ganz wichtig. Andernfalls lassen sich Kinder durch Fremde nicht nur verunsichern, sondern stellen hin und wieder auch infrage, ob sie „normal“ sind und fangen an, unsicher zu werden oder sich ausgeschlossen zu fühlen. Enkelkindern ist daher klar zu machen, dass der Tod ihrer Eltern zwar sehr traurig und unschön ist, dass das Leben solche Schicksalsschläge aber immer wieder und für jeden bereithalten kann und dass dies angenommen und damit richtig umgegangen werden muss. Dass andere Kinder, die eine solche Sache nicht erlebt haben, eben nicht sofort verstehen können, ist normal und bedeutet nicht, dass man komisch oder anders ist, als die anderen.
Wie üblich ist es eigentlich, dass Großeltern die Enkel erziehen?
Dass die Eltern früh sterben und die Kinder bei den Großeltern aufwachsen und von ihnen erzogen werden ist natürlich ein Extremfall. Dass aber das Verhältnis zwischen den Generationen heute mehr als eng ist und dass der Einsatz der Großeltern in vielen jungen Familien mit Kindern kaum noch wegzudenken ist, stellt die Regel dar. Und obwohl der Ruf der Großeltern als Beteiligte an der Kindererziehung viele Jahrzehnte lang eher schlecht war, scheint die Rolle von Oma und Opa historisch bedingt schon immer eine wichtige zu sein. Eckart Voland, Professor für Biophilosophie an der Universität Gießen, glaubt sogar, dass es die Menschen ohne die Großmütter gar nicht gäbe. Nicht etwa die Jagderfolge der männlichen Vorfahren, sondern die Bereitschaft der Großmütter, sich am Aufwachsen der Enkel zu beteiligen, sei der entscheidende Grund für die Entwicklung des Menschen: „Das ist ein ganz wichtiger Unterschied, nur so konnten wir fruchtbarer sein als die anderen großen Menschenaffen und uns schließlich evolutionär weiterentwickeln.“ Und planen Familien, mehrere Kinder zu bekommen, sind sich auch heute noch viele Eltern einig: Nur, wenn Oma und Opa an der Erziehung teilhaben, entscheidet man sich dazu, mehrere Kinder zu bekommen.
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