Im Alltag auf Hilfe angewiesen sein – das trifft viele Menschen und nicht nur altersbedingt. Hierzulande sind es mittlerweile um die 3,4 Millionen Menschen, die Unterstützung benötigen. Körperliche und psychische Einschränkungen oder Krankheiten können auch dazu führen, den Alltag nicht mehr alleine bewältigen zu können. Dann spricht man von pflegebedürftig. Als pflegebedürftig gilt im allgemeinen jeder, der auf fremde Hilfe angewiesen ist. Oft kann die eigene Familie noch unterstützen, aber je nach Einschränkung wird professionelle Hilfe immer notwendiger. Aber eine Tagespflege, ein ambulanter Pflegedienst oder eine stationäre Betreuungseinrichtung kosten viel Geld, das nicht jeder hat. Hier unterstützt die Pflegeversicherung und erstattet einen Teil der Kosten. Wie hoch die Übernahme ist, wird über die Pflegegrade definiert.
Die Leistung der Pflegeversicherung wurde bis Ende 2016 noch an den drei Pflegestufe und zusätzlicher Härtefallregelung gemessen. Je höher die Stufe, desto höher die Leistung bzw. die Einschränkung des Patienten. Die Pflegebedürftigkeit wird individuell geprüft. Da in den alten Pflegestufen aber hauptsächlich körperliche Einschränkungen bei der Einstufung berücksichtigt wurden, gibt es seit 2017 neue Pflegegrade, die auch geistige Einschränkungen wie Demenz, geistige Behinderung oder ähnliches bei der Einstufung berücksichtigen.
Warum Pflegegrad statt Pflegestufe?
Pflegestufen wurden in Pflegegrade umgewandelt. Seit dem Pflegestärkungsgesetz II 2017 können nun Demenzkranke, psychisch Kranke, geistig Behinderte und körperlich Pflegebedürftige die selbe Leistung der Pflegekasse erwarten. Ziel der neuen Einordnung ist, die Pflegeleistungen der Bedürftigen individueller anpassen zu können. Die bisherigen Pflegestufen 0, 1, 2 und 3 wurden durch die Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 ersetzt. Das kommt besonders demenzkranken Patienten zugute, da sie dadurch die gleiche Pflegeleistung wie körperlich kranke Patienten erhalten können.
Pflegestufen wurden zuvor hauptsächlich aufgrund der jeweiligen körperlichen Einschränkungen festgelegt. Jedoch sind besonders Leute, die von psychischer Einschränkung wie Demenz, betroffen sind, oft nicht mehr fähig, alleine ihren Alltag zu bewältigen. Körperpflege, Ernährung und Bewegung waren die Voraussetzungen für die früheren Pflegestufen. Die neuen Einstufungen berücksichtigen nun körperliche, kognitive und psychische Beeinträchtigungen gleichermaßen.
Pflegegrad beantragen
Wer ab 2019 eine Einstufung in einen Pflegegrad beantragt, wird erstmals durch den Neuen Begutachtungsassessment (NBA) persönlich betrachtet. Dabei ermittelt ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) bei gesetzlich Versicherten oder der Medicproof GmbH bei privat Versicherten die Selbstständigkeit von Patienten und schlägt der Pflegeversicherung einen Pflegegrad vor. Die Krankenkasse entscheidet dann über diesen Vorschlag und bestimmt die Pflegeleistung. Jeder, der vor dem 31.12.2016 schon eine anerkannte Pflegestufe zugeordnet wurde, übernimmt diesen Pflegegrad auch automatisch nach der neuen Gesetzesänderung und wird nicht erneut begutachtet.
Berechnung Pflegegrad
Um den angemessenen Pflegegrad zu ermitteln, wird der oben genannte NBA angewendet. Dort werden sechs verschiedene Fähigkeiten, eingeteilt in Module, ermittelt und dementsprechend eingestuft. Jedes Modul ergibt Punkte (siehe Tabelle). Diese werden addiert und die errechnete Punktzahl ergibt die entsprechende Einstufung. Die Punkte der Module werden am Ende bei der Zusammenrechnung noch unterschiedlich gewichtet. Die jeweilige Gewichtung ist hinter den Modulen angegeben.
- Mobilität/körperliche Beweglichkeit (10%)
Positionswechsel im Bett, Treppensteigen, Fortbewegung in der Wohnung, Aufstehen aus sitzender Position
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (15%)
örtliche und zeitliche Orientierung, Entscheidungen im Alltag, erkennen von Gefahren und Risiken, Mitteilung von Bedürfnissen, verstehen von Aufforderungen, erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (15%)
Wahnvorstellungen, (aggressives) Verhalten anderen und sich selbst gegenüber, depressive Verstimmung, Ängste, Verhaltensauffälligkeiten
- Selbstversorgung (40%)
Selbstständigkeit beim Waschen oder dem Toilettengang, sowie beim Einkleidung und der Ernährung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20%)
die Fähigkeit, Medikamente selbst einnehmen zu können, die Blutzuckermessung selbst durchzuführen und deuten zu können oder gut mit einer Prothese oder dem Rollator zurecht zu kommen, sowie den Arzt selbständig aufsuchen zu können
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (15%)
die Fähigkeit haben den Tagesablauf selbständig zu gestalten oder mit anderen Menschen in direkten Kontakte zu treten
Im Internet gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Pflegegrad zu berechnen. Wirklich zuverlässig ist hingegen aber die Einstufung für die jeweiligen Gutachter.