Ich gebe es nur ungern zu, aber auch ich bin vielleicht im Straßenverkehr nicht mehr ganz so reaktionsschnell wie früher. Das liegt am Alter. Aber das kann ich mit meiner Erfahrung wettmachen, die mich gar nicht erst in brenzlige Situationen kommen lässt. Was aber, wenn es doch einmal passiert? Wie ist das rechtlich mit der Reaktionsfähigkeit im Straßenverkehr?
Die Rechtsprechung in Deutschland ist da eindeutig: Wer einen Unfall verursacht oder einen Verkehrsverstoß begeht, weil er in einer plötzlichen Gefahrenlage infolge eines Schrecks, Verwirrung oder Überraschung falsch handelt, den trifft kein Verschulden. Ein dafür typischer Reaktionsfehler ist das reflexhafte Bremsen bei einer plötzlichen Reifenpanne. Wenn dadurch ein Unfall passiert, kann dem Fahrer keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Auch eine Ordnungswidrigkeit oder gar eine strafbare Tat ist das nicht.
Auch wird Ihnen eine „Schrecksekunde“ zugestanden. Bevor Sie in einer Gefahrenlage tatsächlich bremsen, brauchen Sie nämlich auf jeden Fall eine Reaktionszeit. Diese Vorbremszeit wird bei Sachverständigengutachten zur Ermittlung von Fahrgeschwindigkeiten und Sicherheitsabständen mit berücksichtigt. Aber nur dann, wenn es sich um eine unerwartete Gefahr handelt, auf die Sie nicht gefasst zu sein brauchen. Dazu gehört etwa, dass von einem voranfahrenden LKW plötzlich ein Teil der Ladung auf die Straße fällt.
Schlecht sieht es für Sie aus, wenn Ihre Reaktion ersichtlich falsch war. Typische Fälle dafür sind Reaktionsfehler infolge Rauchens oder das Verreißen des Steuers wegen eines im Wagen herunter gefallenen Gegenstandes oder gar des Telefonierens ohne Freisprechanlage. Derartiges ist nicht entschuldbar und führt häufig sogar zum Verlust des Kaskoversicherungsschutzes.
Aber auch in den entschuldbaren Fällen ist natürlich die Ersatzpflicht für die eingetretenen Personen- oder Sachschäden nicht ausgeschlossen. Sie sind nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz zu ersetzen. Anders sieht es mit zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen aus, die über die §§ 823 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches abgewickelt werden. Betroffen ist hier insbesondere das Schmerzensgeld, das bei einem echten Reaktionsfehler nicht gefordert werden kann.
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