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Wie der Mauerbau Großeltern in Ost-Berlin zu Eltern machte

Am 5. Februar 2018 war die Mauer genauso lange weg wie sie stand: 28 Jahre, 2 Monate und 26 Tage. An diesem Tag veröffentlichten die Medien zahlreiche Geschichten über Familien, die wegen des Mauerbaus zerbrachen. Eine Geschichte hat uns besonders getroffen: Angelika Weinstein und ihr Mann renovierten im Westen Berlins gerade ihre Wohnung, die Tochter war bei den Großeltern in Ost-Berlin, als die Mauer gebaut wurde. Erst elf Jahre später kommen Eltern und Kind wieder zusammen – da ist es für eine heile Familie aber schon zu spät.

1963 hatte das Ehepaar noch versucht, ihre Tochter Liane über einen geheimen Tunnel nach West-Berlin zu holen. Aber die Aktion flog auf und alle Beteiligten wurden verhaftet. Die Großeltern, bei denen das Baby seit dem Mauerbau lebte, kamen ins Gefängnis, das Mädchen ins Kinderheim. Erst die Urgroßmutter fand das Kind schließlich und holte es zu sich. Zwei Jahre später wurden die Großeltern aus der Haft entlassen und zogen das Mädchen ab dann auf als wären sie die Eltern.

Besuchen konnte Angelika ihre Tochter nur an bestimmten Tagen. Das sei wie Weihnachten gewesen, sagt sie in der Berliner Morgenpost. Erst 1972 kann Liane aus dem Osten Berlins ausreisen – ihre Mutter nimmt sie mit nach West-Berlin. Die beiden entwickeln nie wieder ein enges Mutter-Tochter-Verhältnis. „Meine Mutter“, so sagt sie im Interview, „ich liebe sie. Aber nicht so wie eine Mutter.“ Ihre Eltern sind eigentlich ihre Großeltern. Das wird dem Mädchen, damals elf Jahre und mittlerweile in West-Berlin, klar. Zum Vater kann sie keine Beziehung ausbauen. Die Ehe der Eltern ist in die Brüche gegangen. Die Beziehung zur Mutter Angelika ist schwierig. Trotzdem halten sie als Familie zusammen.

Die Großeltern bekommen 1979 die Erlaubnis auszureisen. Allerdings stirbt der Großvater bei der Ausreise am Herzinfarkt. Bis heute hat Liane keine Entschädigung bekommen.

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