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Helikopter Eltern oder Erziehung zur Selbständigkeit?

Helikopter Eltern oder Erziehung zur Selbständigkeit?

Für die Karriere werden mittlerweile nicht nur Ländergrenzen überwunden. Die steigende Zahl der Auswanderungen zeigt, dass heute immer mehr Menschen dazu bereit sind, auf anderen Kontinenten Fuß zu fassen. Auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern hat diese Entwicklung genauso Auswirkungen wie auf die Beziehung zu den Großeltern. Letztere waren vor Jahrzehnten fundamentaler Bestandteil der Erziehung. Welche Einflüsse sind hier inzwischen zu spüren? Und wie sollten Eltern und Großeltern überhaupt grundsätzlich mit ihren Kinder umgehen? Viele Eltern und auch Großeltern schwanken zwischen dem Drang zu beaufsichtigen und dem Wunsch, die Kinder „von der Leine“ zu lassen. Wo liegt das gesunde Mittelmaß zwischen Helikopter Eltern oder der Erziehung zur Selbständigkeit?

Warum sollten Kinder eigene Erfahrungen machen können?

Lernen beschränkt sich auf Schule und Beruf. Eine Ansicht, die sich nach wie vor in den Köpfen vieler hartnäckig hält. Genau genommen lernt der Mensch aber von der Geburt an. Säuglinge lernen beispielsweise die Mimik und Gesten der Eltern bzw. ihres Umfelds zu interpretieren. Beispiel Lachen: Kleinkinder setzen etwa ab dem 6 Monat, Lachen und Lächeln bewusst ein. Lernen beginnt früh. Dazu gehört nicht nur das Lernen aus positiven Erfahrungen. Kinder machen auch negative Erfahrungen. Das beste Beispiel ist in diesem Zusammenhang die heiße Herdplatte. Kinder, die damit Bekanntschaft machen, wollen die Erfahrung bestimmt nicht wiederholen.

Wie lernt der Mensch?

Lernen ist keine rein menschliche Fähigkeit, auch im Tierreich gehört Lernen dazu. Es ist letztlich die Fähigkeit, auf Umweltfaktoren zu reagieren und sich anzupassen. Die Wissenschaft unterscheidet zwei wesentliche Formen des Lernens – und zwar:

  • Intentionales
  • beiläufiges

Lernen. Intentional ist die Bezeichnung für das Lernen, welches bewusst passiert. Ein Beispiel ist das Lernen in der Schule oder der Uni. Der Mensch bedient sich hier speziellen Techniken, um die Inhalte zu übernehmen und zu festigen. Dabei können Inhalte auswendig gelernt werden oder so aufgenommen, dass ein Verständnis für deren innere Struktur und Form entsteht.

Beiläufiges Lernen geht einen anderen Weg. Hier liegen dem Lernprozess meist bestimmte Erfahrungen zugrunde. Ein Beispiel wäre das bereits angesprochene Thema der heißen Herdplatte. Aber auch Erwachsene lernen im Alltag eher beiläufig. Beispiel: Mit einer Suchmaschine wird gezielt nach speziellen Informationen gesucht. Allein durch das Aufnehmen eigentlich irrelevanter Inhalte setzt ein Lernprozess ein.

Warum Fehler machen wichtig ist

Der Mensch lernt aus seinen Fehlern. Diese Aussage ist nicht auf den Homo sapiens beschränkt. Am Beispiel der Menschenaffen und deren Sozialgefüge (Rangordnung) wird deutlich, warum Fehler – also negative Erfahrungen – ebenfalls dazugehören. Heranwachsende Affen werden vom Gruppenführer – aus menschlicher Sicht teils sehr körperlich – auf ihre Position zurechtgewiesen, wenn sie die Rangordnung übertreten.

Ein weiteres Beispiel aus dem menschlichen Alltag betrifft den Griff in eine heiße Kerze. Kindern, denen dies erklärt wird, werden mitunter trotzdem an die heiße Kerze greifen – mit den entsprechenden Folgen. Spätestens jetzt wird der Nachwuchs begriffen, was eine heiße Kerze wirklich bedeutet.

An diesem Beispiel wird ein Punkt deutlich: Abstraktes Lernen nimmt einen anderen Verlauf als das Lernen aus den eigenen Erfahrungen. Fehler werden in der modernen Gesellschaft negativ gedeutet, sind in der Praxis aber eigentlich positiv. Sie zeigen dem betroffenen Individuum, wo es Defizite hat. Fehler zu machen heißt am Ende auch, eine Strategie zu deren Vermeidung zu entwickeln.

Vor welchen „Gefahren“ sind Kinder unbedingt zu schützen?

Kinder lernen aus ihren Fehlern. Es gibt aber Situationen, in denen Fehler nicht zu einem Erkenntnisgewinn führen, sondern die Gesundheit des Kindes riskieren. Und solche Situation tauchen im Alltag immer wieder auf, wie:

  • der Griff in die Steckdose
  • Springen vom 3-Meter-Brett ohne richtig schwimmen zu können
  • das Klettern auf der Schrankwand.
Gefahren im Haushalt

Sehr oft scheint der Nachwuchs wirklich einen Schutzengel zu haben. Auf dessen Anwesenheit sollten sich die Großeltern allerdings nicht zu oft verlassen.
Großeltern sehen vieles etwas gelassener als Eltern und lassen den Kindern mehr ihrem Entdeckungsdrang nachgehen. Jedoch ist hier Vorsicht geboten, da Kinder über kein ausgeprägtes Risikobewusstsein verfügen. Es empfiehlt sich daher die Gefahrenquellen so gering wie möglich zu halten. So sollten zum Beispiel keine Kabel in der Wohnung frei herumliegen oder Streichhölzer in Reichweite der Kinder aufbewahrt werden. Weil selbst wenn Verbote ausgesprochen wurden, werden diese nicht immer von den Kleinen beherzigt. Aber nicht falsch verstehen, es ist für den Lebensweg des Nachwuchses von Vorteil, die Zügel auch mal etwas lockerer zu lassen oder Kindern etwas mehr zuzutrauen. Man sollte versuchen einen gesunden Mittelweg zu finden, um auf der einen Seite durch ein wachsames Auge und gewisse Vorsichtsmaßnahmen das Unfallrisiko gering zu halten und dennoch den Bewegungsdrang nicht zu stark ausbremsen.

Selbständige Kinder haben es später leichter

Für Eltern und Großeltern, die Kinder vor allen Unwägbarkeiten und möglichen Risiken des Alltags schützen wollen, gibt es einen Begriff: Helikopter Eltern. In den letzten Jahren machen nicht nur Kita-Betreuer und Lehrer, sondern auch Professoren mit diesem Typus Bekanntschaft.

Wo Kinder zu Selbständigkeit erzogen werden, fällt der später eigenständig zu bewältigende Alltag leichter. Leider machen Experten seit Jahren immer wieder die Erfahrung, dass ein Teil der Kinder nicht altersgerecht in den körperlichen Fähigkeiten entwickelt ist. Zu den Ursachen gehört ein übertriebener Schutzanspruch der Großeltern/Eltern. Kinder, die sich auch selbst ausprobieren dürfen, neigen oft zu einer besser ausgeprägten Experimentierfreude und verfügen nicht selten auch über besser ausgeprägte Fähigkeiten im Bereich der Motorik.

Erziehung: Eltern und Großeltern müssen sich abstimmen

Helikopter Großeltern

Großeltern stellen heute in vielen Familien eine Art Notfallbetreuung für die Schließtage der Kita oder die Schulferien sicher. Und auch wenn Kinder erkranken, Eltern aber im Büro sehr wichtige Termine wahrnehmen müssen, springen Oma und Opa ein. Aufgrund des Altersunterscheid zwischen den Eltern und Großeltern ergeben sich mitunter auch recht deutliche Unterschiede in Bezug auf die Erziehungsstandpunkte.

Eltern sehen einige Aspekte kritisch, manche würden den Nachwuchs gern auf Schritt und Tritt kontrollieren. Großeltern neigen mitunter dazu, das Thema entspannter – auch aus der eigenen Erfahrung – zu sehen. Das typische Beispiel ist der Umgang mit Süßigkeiten. Oma und Opa sind hier meist etwas großzügiger.

Generell ist anzuraten, sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen. Kinder lernen recht schnell, wo die feinen Unterschiede in der Erziehung liegen. Und der Nachwuchs hat den Dreh recht schnell raus, diese „Differenz“ für sich auszunutzen. Sich abzusprechen hilft dabei, Ärger zwischen Eltern und Großeltern zu vermeiden.

Fazit: Helikopter Eltern schaden Kindern

Helikopter Eltern sind ein bekanntes Phänomen. Einige Großeltern lassen sich mitunter davon anstecken und reagieren ebenfalls mit einer übertriebenen Vorsicht, wenn Kinder draußen toben und auf Bäume klettern. Es schadet Heranwachsenden nicht, sich auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Einige Fehler muss der Nachwuchs allerdings nicht machen – wenn es um die eigene Gesundheit geht. Dass Kindern im Alltag Gefahr droht, ist nicht von der Hand zu weisen. Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e. V. müssen jährlich etwa 200.000 Kinder stationär nach Unfällen behandelt werden. Letztlich muss es einfach darum gehen, dass auch die Großeltern eine gesunde Balance zwischen dem Entdeckerdrang der Kinder und dem eigenen Schutzinstinkt finden. Auch Oma und Opa wollen schließlich nur das Beste – hin und wieder ist es dafür jedoch erforderlich, sich zurückzuhalten, auch wenn man gerade meint, nur zu helfen.

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